Zusammen mit den Mitmotionären Josef Gemperle (CVP), Joe Brägger (Grüne), Peter Dransfeld (SP), Hanspeter Grunder (BDP) und Paul Koch (SVP) werde ich nächsten Mittwoch 22. Oktober 2014 die Motion „Nachhaltige öffentliche Beschaffung“ im Kantonsrat einreichen.

Bund, Kantone und Gemeinden beschaffen jedes Jahr für rund 40 Milliarden Güter, wobei 20% auf den Bund und je rund 40% auf Kantone und Gemeinden fallen. Die öffentliche Hand nimmt als Grosskonsumentin eine Vorbildfunktion ein. Bund, Kantone und Gemeinden stehen daher in der Pflicht, ihre Beschaffung sozial und ökologisch nachhaltig zu gestalten. Mit dieser Motion bezwecken wir, dass der Kanton Thurgau bei der öffentlichen Beschaffung eine Vorreiterrolle übernimmt und soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung demonstriert.

Mit der Motion wird der Regierungsrat beauftragt, §7 des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen vom 18. Dezember 1996 mit einem neuen Abs. 2 im Sinne der vorliegenden Formulierung zu ergänzen:

§ 7 Kompetenzen des Regierungsrates
2 (neu) Der Regierungsrat orientiert sich bei der öffentlichen Beschaffung am Prinzip der Nachhaltigkeit in allen drei Dimensionen (sozial, ökologisch, ökonomisch). Er regelt die Vorgaben für die Anforderungen an die notwendigen Angebotsunterlagen für eine transparente Beurteilung der wesentlichen Elemente der Liefer- und Wertschöpfungskette der zu beschaffenden Produkte und Dienstleistungen und deren Bewertung.

In seiner Strategie „Nachhaltige Entwicklung 2012 – 2015“ schreibt der Bundesrat, dass „der Bund eine Vorbildfunktion einnimmt, indem er Produkte einkauft und Bauwerke realisiert, die wirtschaftlich, umweltschonend und gesundheitsverträglich sind sowie sozial verantwortungsvoll produziert werden.“ Ebenso im ist gleichem Bericht auch vermerkt, dass „der  Bund die Prinzipien der Nachhaltigen Entwicklung nicht allein verwirklichen kann – auch die Kantone, Städte und Gemeinden müssen ihren Beitrag dazu leisten. Diese setzen konkrete Massnahmen in allen politischen Bereichen um und sind ein Vorbild für die Bevölkerung.“

Art. 2 der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) sieht vor, dass die Kantone eine Erweiterung des Anwendungsbereiches der Vereinbarung bilateral oder multilateral beschliessen können. Somit steht es dem Kanton Thurgau zu, sein Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen zu ergänzen und im Idealfall mit den Nachbarkantonen Vereinbarungen im Sinne der Ergänzung von §7 des Gesetzes zu schliessen.

Der Regierungsrat soll die Anforderungen an die Angebotsunterlagen so ergänzen, dass die Wertschöpfungskette eines Auftrages transparent dargestellt ist und entsprechend bewertet werden kann. Hier gilt der Grundsatz der Wesentlichkeit, d.h. dass über die wesentlichen Bestandteile der zu beschaffenden Güter Transparenz bezüglich der Herkunft herrschen soll. Es soll also nicht über die Herkunft jedes Details Rechenschaft abgelegt werden, sondern nur über die wichtigsten Elemente der Wertschöpfungskette. Der administrative Zusatzaufwand für Verwaltung und für Anbieter muss dabei so klein wie möglich gehalten werden. Zudem soll auf ein Gleichgewicht der sozialen, ökologischen und ökonomischen Faktoren geachtet werden, ohne dass damit die allgemeinen Verfahrensgrundsätze verletzt werden.

Wie der Regierungsrat in seinen Antworten zu der Parlamentarischen Initiative Geiges u.a. (GRG Nr. 195) und der Interpellation Gubser (GRG Nr. 95) schreibt, berücksichtigt er bei der Vergabe im freihändigen Verfahren und im Einladungsverfahren schon heute „das Prinzip der kurzen Wege“. Insofern handelt er schon heute nachhaltig und im Sinne der geplanten Gesetzesänderung dieser Motion. Einer Manifestation der Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung im Gesetz dürfte also nichts im Wege stehen.

Das wirtschaftlich günstigste Angebot wird nach wie vor den Zuschlag erhalten. Die Zuschlagskriterien sollen sich aber stärker an den Kriterien der Nachhaltigkeit orientieren. Der Kanton Thurgau schafft so über die Nachfrage der öffentlichen Hand Anreize, damit sich Unternehmen, die ihre Produktion auf Nachhaltigkeit ausrichten, am Markt positionieren und etablieren können.

Transparenz in der Wertschöpfungskette ist sehr wichtig. Der Druck auf die öffentliche Hand wird hier in Zukunft noch zunehmen. Und genau dahin zielt diese Motion. Mit der Gesetzesänderung wird Transparenz in der Wertschöpfungskette und die Förderung von nachhaltiger und ressourcenschonender Produktion angestrebt.